Um die Sicherheit in Afghanistan steht es noch schlechter als bislang angenommen. Dennoch schiebt Deutschland morgen laut Informationen des bayerischen Flüchtlingsrats wieder Menschen dorthin ab – und untergräbt damit das Recht auf Asyl fundamental.

Spiegel Daily
Februar 2018

BBC Recherchen zeigen, dass die Taliban 70 Prozent des Landes kontrollieren, Anschläge finden täglich statt. Die UNO, das Deutsche Rote Kreuz und die christlichen Kirchen kritisieren Abschiebungen nach Afghanistan scharf und selbst das Auswärtige Amt kann die angeblich sicheren Regionen nicht nennen, auf die Thomas de Maizière seit Dezember 2016 verweist, seitdem er Sammelabschiebungen nach Afghanistan veranlasst.

Nach einem Sprengstoffanschlag auf die deutsche Botschaft in Kabul letzten Mai schiebt die Bundesregierung seit September zwar nur noch „Straftäter, Gefährder und hartnäckige Identitätsverweigerer“ ab. Alle drei Kategorien sind jedoch problematisch.

Als „Identätsverweigerer“ gilt laut Innenministerium, wer nicht mitwirkt bei der Beschaffung eines eigenen Ausweises. Die Ausländerbehörden haben hier aber keine gemeinsamen Standards, sondern gehen willkürlich vor. Sie nutzen diese Kategorie, um der politischen Weisung nachzukommen, so viele Afghanen wie möglich abzuschieben.

Viele Menschen, die aus Afghanistan geflohen sind, tragen keine gültigen Ausweispapiere mit sich, sie kommen aus Regionen, in denen die Verwaltung nicht funktioniert, haben als Regimekritiker keine Papiere erhalten oder sie auf der Flucht verloren. Wer sie abschiebt, weil sie angeblich nicht mitwirken, schiebt sie ab, weil sie Flüchtlinge sind.

Auch „Gefährder“ ist keine juristische Kategorie. Die Menschen werden ihr nach der Einschätzung einer Polizeibehörde zugeordnet und nicht auf Basis eines bindenden Richterspruchs. Doch selbst wenn einzelne, die man dieser Kategorie zuteilt, tatsächlich terroristische Anschläge im Sinn haben: Was ist das für eine Logik, sie abzuschieben? An einen Ort, an dem sie bessere terroristische Betätigungsmöglichkeiten haben? Statt sich ihrer in Deutschland rechtsstaatlich anzunehmen?

Gleiches gilt für Straftäter. Straftaten müssen verfolgt und wenn nötig bestraft werden, und zwar in Deutschland, wo sie begangen wurden. „Abschiebung als eine Sanktion für Straftaten zu nutzen, zeugt von einem Justizverständnis weit jenseits von Rechtsstaatlichkeit“, kritisiert etwa die linke Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke. Als Straftäter gilt nebenbei auch schon, wer zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt wurde – dafür reicht die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ohne gültigen Fahrschein.

Obwohl die Lage in Afghanistan immer gefährlicher wird, erteilen die Ausländerbehörden immer weniger Afghanen einen Aufenthaltstitel. Sie können somit potentiell immer mehr Menschen abschieben – eine der drei Kategorien wird sich schon anwenden lassen.

Das ist eine politische Strategie, die das Recht auf Asyl aufhebt. Und zeigt, wie weit die Bundesregierung auf Druck der Rassisten reagiert.