Lothar Ruske und Eldad Stobetzki, Foto: Daniel Stier

Seit Oktober 2017 gilt in Deutschland die Ehe für alle. Fünf Paare erzählen, welche Bedeutung das Gesetz für sie hat, warum sie ja gesagt haben – und wie sie ihre Liebe feiern ließen.

Frankfurter Allgemeine Quarterly 9
November 2018

Verheiratet oder verpartnert, das mache einen himmelweiten Unterschied, sagt Lothar Ruske, allein schon, weil Verpartnerung so ein dämliches Wort sei.
Die Verpartnerung, so der sperrige, bürokratisch klingende Begriff, hatte immer einen üblen Beigeschmack – weil sie die gesetzliche Hierarchie zwischen heterosexuellen und homosexuellen Beziehungen aufzeigte. Im Sommer 2017 entschied der Bundestag, sie endlich aufzuheben. Seit dem 1. Oktober 2017 können in Deutschland auch Schwule und Lesben ihre Liebsten heiraten, und das haben im ersten Jahr gleich mehr als 20 000 Menschen getan. Lothar Ruske war einer von ihnen. Seit 1981 ist er mit Eldad Stobezki liiert, seit kurzem darf er „mein Mann“ sagen.

In Köln war fast ein Fünftel aller Eheschließungen in den ersten zwölf Monaten nach der Gesetzesänderung gleichgeschlechtlich. Auch in vielen kleinen Gemeinden war das schnell ganz normal, wie etwa in Bad Mergentheim in Baden-Württemberg, wo „Ehe für alle“ laut dem Sprecher des Ortes auch wirklich „Ehe für alle“ heiße – und deshalb nicht gesondert erfasst werde.

Die AfD hat kürzlich einen Antrag zur Abschaffung des neuen Gesetzes eingereicht. Sie will zurück zur traditionellen Kleinfamilie aus arbeitendem Vater, nestwärmender Mutter, drei Kindern, wahrscheinlich inklusive Geliebter und außerehelichem Kind, möglicherweise inspiriert von Horst Seehofer, einem der schärfsten Kritiker der neuen Regelung. Zurück in eine Gesellschaft, in der klar ist, wer das Sagen hat, in der Menschen entweder Mann oder Frau sind und damit eine vermeintlich natürliche Ordnung herrscht, in der es Homosexualität nicht geben kann. Wie vor 50 Jahren, als schwuler Sex auf der Basis von Nazirecht in Deutschland noch strafrechtlich geahndet wurde. Die Homophobie dieser Politiker findet ihren Widerhall in Teilen der deutschen Bevölkerung, wo homosexuelle Menschen auch 2018 immer noch diskriminiert und bedroht werden.

Gerade deshalb war und ist das Gesetz so relevant, sagt Vita Arendt, eine unserer Interviewten: Es sei die Basis, auf der eine Kultur der Vielfalt wachsen könne. Und so stellten sich auch alle übrigen Parteien bemerkenswert deutlich und kämpferisch dem Ansinnen der AfD entgegen. Die progressiven Kräfte haben denen die Ehe weggenommen, die sie als letzte Bastion des Patriarchats und der Homophobie verteidigt haben. Jetzt werden auch juristisch zwei gleichgeschlechtliche Menschen als liebende Eltern anerkannt und die Vorstellung dessen, was Familie sein kann, vergrößert. Der Beschluss zur Ehe für alle hat auch auf einer anderen Ebene mehr Gleichheit geschaffen: Damit können sich auch Homosexuelle gegen die Ehe entscheiden. Dafür muss man erst einmal die Wahl haben.

Die folgenden fünf Paare haben sich alle dafür entschieden. Herzlichen Glückwunsch!

 

Eldad Stobezki, 67, Literaturwissenschaftler und Literaturvermittler
Lothar Ruske, 71, PR-Berater, heute Veranstalter von Literaturevents

 

FRANKFURTER ALLGEMEINE QUARTERLY: Wie haben Sie sich kennengelernt?

ELDAD: Es war der 22. Dezember 1981, und es war Liebe auf den ersten Blick. Die Filiale der Bank, bei der ich gerade einen Job angefangen hatte, lag in der Nähe des Strandes. Ich wollte mir in der Mittagspause die Füße vertreten. Der Strand war voll mit Menschen, doch Lothar konnte ich nicht übersehen.

LOTHAR: Als wir aneinander vorbeigingen, sahen wir uns an. Und dann drehten wir uns zweimal gleichzeitig wieder um, und beim zweiten Mal blieben wir stehen und gingen aufeinander zu. Als ich ihn auf Englisch ansprach, sagte Eldad, der meinen Akzent sofort zuordnen konnte, dass ich auch gleich auf Deutsch sprechen könne. Er hatte bis kurz zuvor in Frankfurt gearbeitet. Wir verbrachten dann traumhafte Tage.

FAQ: Und was dachten Sie, als Sie zurückfuhren: Nette Urlaubsbekanntschaft? Oder: Die Liebe fürs Leben?

LOTHAR: Ich tat das erst nur als Flirt ab. Lange Beziehungen waren in der schwulen Szene noch gar nicht üblich. Doch wir vermissten uns sehr. Damals war ich flexibel genug, wieder nach Israel zu fahren.

ELDAD: In dieser Zeit brach der Libanon-Krieg aus. Ich wurde eingezogen, und wir hatten Angst. Ich war zum Glück nur zwei Wochen an der syrischen Grenze. Als ich zurückkam, entschieden wir, zusammen nach Frankfurt zu gehen.

FAQ: Sie haben sich verpartnern lassen, sobald das möglich war, oder?

ELDAD: 2010, und zwar aus zwei Gründen: Es ging um die Rechte, etwa, wenn einer krank wird und der andere gar keinen Zugriff hat. Und dann kam zweitens noch die steuerliche Vergünstigung dazu.

LOTHAR: Es war auch eine politische Entscheidung. Wir Schwule und Lesben wurden lange hingehalten.

FAQ: Wie ja im Fall der Ehe für alle auch.

LOTHAR: Ja, das war dann letztlich vor allem ein politisches Signal. Von unseren Rechten her hat sich kaum etwas verändert, die eingetragene Lebenspartnerschaft war der Ehe juristisch schon fast gleichgestellt. Aber eben nicht symbolisch, nicht gesellschaftlich. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man verpartnert oder verheiratet ist. Verpartnert ist allein schon ein so dämliches Wort. Ich habe gesagt, ich möchte lieber verheiratet sein.

FAQ: Wie haben Sie Ihre Hochzeit gefeiert?

ELDAD: Ganz ohne Theater. Wir waren auf dem Standesamt und danach Mittagessen, und am Abend kamen die Nachbarn auf einen Wein vorbei.

LOTHAR: Die große Sause hatten wir bei unserer Verpartnerung, im Trausaal im Standesamt. 50 Freunde waren aus aller Welt angereist. Die Beamtin hatte so eine Verpartnerung noch nie erlebt. Alle weinten. Wir sind auch kirchlich getraut: Von einer Prädikantin auf Hallig Hooge, wo wir immer Urlaub machen.

ELDAD: Und wenn ich noch irgendwann einen Rabbi finde, der sehr nett ist, lassen wir unsere Liebe auch noch jüdisch feiern.

 

Vita Arendt, 36, Sozialpädagogin
Danii Arendt, 33, Sozialpädagogin

DANII: Unsere Beziehung startete als Geheimnis, quasi im Untergrund: 2007 zogen Vita und ich für das Studium an der Fachhochschule Benediktbeuern ins gleiche Wohnheim. Es war ein reines Frauenheim, geführt von Schwestern, wie vor 50 Jahren. Männerbesuch nach 22 Uhr war verboten. Wir 15 Studentinnen hatten unsere kleinen Einzelzimmer. Mir war nicht klar, dass ich auf Frauen stehe, bis ich dort Vita traf.

VITA: Wir kommen beide aus sehr konservativen Umfeldern, eine vom Bodensee, die andere aus der Nähe vom Ammersee. Wir waren in Erneuerungsbewegungen innerhalb der katholischen Kirche aktiv, deshalb waren wir auch in diesem Wohnheim gelandet. Ich hatte schon vor Danii Beziehungen mit Frauen, aber erst mit 26, als ich Danii schon kannte, habe ich mich auch vor meinen Eltern geoutet. Wir mussten uns beide durch sehr viele Konventionen kämpfen.

DANII: Um unsere Beziehung wirklich offen zu führen, zogen wir aus dem Wohnheim aus und suchten uns eine Wohnung, um fertig zu studieren. Danach gingen wir nach Bad Tölz. Das war uns auf Dauer aber zu oberbayerisch. Die Leute dort dachten, wir seien Touristinnen. Die Mentalität mit den heiligen Figuren, das ist schon sehr traditionell und wirkt auch schnell exklusiv. Das Allgäu ist toleranter. Hier sind wir hergezogen, weil Vitas Mutter hier wohnt und wir wieder ein bisschen Richtung Heimat wollten.

VITA: 2014 haben wir uns verpartnert. Wir fuhren irgendwann von Daniis Eltern heim und sprachen im Auto über die Möglichkeit der Verpartnerung. Dabei wurde uns bewusst, dass wir es immer wieder thematisieren. Und es beide wollen.

DANII: Mit einem Antrag wäre es total schräg für uns gewesen. Wir führen doch eine Beziehung auf Augenhöhe, in der man sich ständig miteinander austauscht darüber, was man will und sich wünscht. Die Verpartnerung haben wir mit den engsten Freundinnen und der Familie gefeiert. Erst gab es ein Picknick im Englischen Garten in München, und am Abend gingen wir alle auf eine Lesben-Party zum Tanzen.

VITA: Als das Gesetz zur Ehe für alle kam, wollten wir es gleich nutzen: Das war unsere Hochzeit 2.0. Das Gesetz ist ein Signal dafür, dass es keine Unterscheidung mehr gibt. Ehe für alle kann auch als eine gesetzliche Grundlage verstanden werden, auf der eine Kultur wachsen kann, die Vielfalt umarmt. Gesetzliche Änderungen zeigen gesellschaftliche Entwicklungen an. Und unsere Gesellschaft entwickelt sich dahingehend, immer mehr verschiedene Lebensformen und -entwürfe anzuerkennen. Wir sehen aber noch sehr viel Potential, weiter zu wachsen.

 

Petra Pohle, 52, Altenpflegerin, Rentnerin
Diana Pohle, 35, Altenpflegerin, Informatikerin

PETRA: Ich war schon mal verheiratet. Mit einem Mann. Bevor ich Diana kennenlernte, hatte ich gar nicht darüber nachgedacht, dass ich Frauen lieben könnte. Ich führte nach außen hin eine ganz normale Ehe mit zwei Kindern. Glücklich war ich aber nicht. Diana und ich trafen uns 2004 bei der Ausbildung zur Altenpflege. Sie fragte, wer aus dem Team mit ihr nach Kroatien in ihr Elternhaus in den Urlaub mitfahren wolle. Für mich war das die Möglichkeit, auszubrechen, und aufregend, weil ich schon dabei war, mich in Diana zu verlieben. In Kroatien waren wir dann zu dritt, noch mit einer anderen Kollegin. Eines Abends war ich sehr betrunken und traute mich, Diana zu sagen, was ich für sie empfand. Sie zierte sich am Anfang, sagte, dass sie nichts mit einer verheirateten Frau anfangen würde. Irgendwann habe ich sie aber rumgekriegt. Als wir zurück in Deutschland waren, zog mein Ex bald aus und Diana zu mir und den beiden Kindern. Mein Sohn war 16 und meine Tochter zwölf. Mein Sohn sagte, Hauptsache, du bist glücklich. Und meine Tochter fand es toll, zwei Mamas zu haben, sagte sie. Ich habe Diana eigentlich vom ersten Tag an Anträge gemacht, mich zu heiraten. Beziehungsweise sich mit mir zu verpartnern, wie das damals ja hieß. Aber sie hat sich anfangs lange gesträubt. 2007 ist meine Tochter an einem Hirntumor erkrankt und 2009 gestorben. Diana stand mir die ganze Zeit so nah wie nur möglich bei. Als wir uns 2010 einigermaßen berappelt hatten, machte Diana mir einen Antrag. Wir saßen auf der Parkbank, auf der wir uns anfangs heimlich getroffen hatten, sie brachte einen riesigen Blumenstrauß mit einer kleinen Schachtel, und darin war ein Verlobungsring. Wir feierten das wie eine Hochzeit. Da ich ja schon einmal geheiratet hatte, ließ ich Diana den Vortritt, Weiß zu tragen. Alles war wunderschön – anders als bei der eher praktischen Verehelichung letzten November.

DIANA: Unsere Hochzeit war der letzte Schritt für mich. Ich hatte schon früh die Diskussionen um die eingetragene Lebenspartnerschaft verfolgt und war erleichtert um jeden Schritt Richtung Gleichstellung. Petras Anträge zur Verpartnerung habe ich trotzdem nicht gleich angenommen damals, als wir ja erst frisch zusammen waren. Da war ich noch skeptisch, ob sie sich dauerhaft so sicher ist, nachdem sie gerade aus einer heterosexuellen Beziehung kam. Aber Petra macht Nägel mit Köpfen, und wenn sie sich für was entscheidet, dann gibt es kein Hin und Her. Das ist unglaublich schön. Der Verlust von Petras Tochter, das, was wir mitgemacht haben, hat uns nur noch enger zusammengeschweißt. Wir wollten unsere Beziehung auch offiziell besiegeln, nach außen sagen können „meine Ehefrau“, das ist mir wichtig. Nachdem die Ehe geöffnet wurde, rief ich fünf Mal beim Amt an, wo es immer wieder hieß: „Wir können noch nicht.“ Die hatten noch nicht die passenden Papiere, wussten nicht, wie sie das durchführen sollten. Dann wurde ich schwanger, und plötzlich hieß es: „Kommen Sie doch einfach vorbei.“ Mio ist jetzt zwei Monate alt, wir sind mitten im Adoptionsverfahren. Bald hat er auch auf dem Papier zwei Mütter.

 

Uli Wobst, 29, Inhaber eines ambulanten Pflegedienstes
Christian Wobst, 35, Unternehmensmanager im selben Pflegedienst

CHRISTIAN: Wir haben uns am 7. April 2018 in Wien kennengelernt. Falls Sie sich fragen, warum wir schon verheiratet sind: Wir sind uns unserer Sache ganz sicher. Aber von vorn: Ich fuhr über das Wochenende aus Graz, meiner Heimatstadt, mit einem Freund nach Wien. Eigentlich war ich am zweiten Abend schon so verkatert, dass ich im Hotelzimmer bleiben wollte. Zum Glück berredete mich der Freund, sonst hätte ich den Uli ja nie kennengelernt. In der Diskothek tauchte er plötzlich auf, schritt die Treppe herunter und sah wahnsinnig fesch aus. Wir tanzten, irgendwann kamen wir ins Gespräch. Und ich dachte, na bravo, als ich hörte, dass er aus der Nähe von München kommt. Ein Bayer, na bravo.

ULI: Freunde hatten mich überredet, für einen Abend, für eine Nacht von München nach Wien zu fliegen, um mit ihnen auszugehen. Ich fand das erst total idiotisch. Irgendetwas ritt mich aber, es doch zu tun. Ich landete um 23 Uhr in Wien, und wir gingen sofort in den Club und tranken schnell sehr viel. Als Christian und ich uns schließlich näher kamen, hatte ich schon einen sitzen. Er nahm mich trotzdem mit in sein Hotelzimmer. Am nächsten Morgen musste ich früh los – und ich dachte erst nicht, dass er noch Interesse hätte. Aber sobald ich im Zug war, begannen wir, uns Nachrichten zu senden, und das Wochenende darauf besuchte ich ihn in Graz, und ab da sahen wir uns jedes Wochenende.

CHRISTIAN: Für mich war gleich klar, dass das was Ernstes ist. Solche Gefühle wie bei Uli, das hatte ich bis dato nie. Ich merkte, dass ich es auf die Dauer nicht schaffe, ihn nur jedes Wochenende zu sehen. Von Mal zu Mal wurde der Abschied schlimmer. Deshalb schlug ich vor, gleich zu ihm zu ziehen und dafür meinen Job als Filialmanager einer Bäckerei in Graz aufzugeben.

ULI: Als er einzog, waren wir schon verlobt. Wir hatten beide lange Beziehungen davor, und ich konnte mir nie vorstellen, jemanden zu heiraten. Aber mit Christian hat die Beziehung eine ganz andere Ebene. Ihn lasse ich total an mich ran, mit ihm will ich alles teilen. Über eine Hochzeit haben wir erst mal nur locker, lustig geplaudert. Als ich Ende Juni nach Graz kam, machte er mir einen Antrag. Er wartete schon vor der Wohnung auf mich. Drinnen brannten überall Kerzen, und an jeder der acht Türen war je ein Briefkuvert mit einer Karte, mit einem Grund, warum der Christian mich liebt und mich heiraten will. Und ich konnte mir nichts Besseres vorstellen.

CHRISTIAN: Das Weitere war auch ganz schnell klar: dass wir es unspektakulär und zu zweit machen. Hochzeit sollte in unseren Augen etwas Persönliches sein. Geplant war, dass wir in Graz heiraten, aber in Österreich gibt es die Ehe für alle ja noch nicht. Im Standesamt von Kaufbeuren waren alle schon gut darauf eingestellt, Ehen für alle abzuschließen – was uns überrascht hat, in so einer Kleinstadt. Der Standesbeamte hat sich richtig gefreut für uns. Bei Freunden und der Familie waren wir bei manchen auf Kritik gestoßen – dafür, dass wir zu zweit feiern wollten, und auch dafür, dass wir uns überhaupt schon so früh dazu entschieden haben. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

 

Lola Stambula, 34, Artdirektorin
Christina Stambula, 31, Gründerin und Coach

LOLA: Wir kennen uns seit dreieinhalb Jahren über eine gemeinsame Freundin. Die hatte zum Plätzchenbacken in deren Bürogemeinschaft eingeladen. Und als ich an diesem Abend neben Christina stand und wir Vanillekipferl formten, habe ich mich schon verknallt. Danach versuchte ich, herauszufinden, wann ich sie wiedersehen könnte und ob sie überhaupt auf Frauen steht. Als wir uns das erste Mal danach mit der gemeinsamen Freundin wiedertrafen, erkannte sie mich überhaupt nicht. Ich ließ mich aber nicht entmutigen, erst recht nicht, als ich über die Freundin erfuhr, dass Christina tatsächlich gerade frisch getrennt war von einer Frau. Ich schrieb sie auf Facebook an. Sie war dann erst mal verreist, in Indien für eine Yoga-Lehrerinnen-Ausbildung. Als sie zurückkam, trafen wir uns auf einen Kaffee, und dann verging ein Monat, bis wir fest zusammen waren.

CHRISTINA: Als ich Lola das erste Mal traf, war ich gerade erst seit zwei Monaten getrennt nach sechs Jahren Beziehung. Da hatte ich noch gar keinen Kopf für etwas Neues. Deshalb versuchte ich, bei Lola auf die Bremse zu drücken, um ihr nicht das Herz zu brechen. Aber es hat mich schließlich auch schnell erwischt, nachdem wir das erste Mal Kaffee trinken waren, und von da an verbrachten wir jede freie Minute miteinander. Mein Herz war ganz beständig, es sagte immer „Lolalolalola“; ich folgte diesen Impulsen, und so wurde der Wunsch immer größer, das zu festigen.

LOLA: Als das Gesetz für die Ehe für alle verabschiedet wurde, waren wir mit zwei Freundinnen, die auch lesbisch sind, beim Wandern in Österreich, in der Nähe des Hotels von Christinas Mama, wo wir dann später auch geheiratet haben. Zu viert freuten wir uns darüber, stießen darauf an und rätselten, wer wohl die Ersten aus unserem Kreis wären, die sich trauen lassen.

CHRISTINA: Und ich dachte nur: Wir werden es sein! Von da an wollte ich um Lolas Hand anhalten. Als sie mich mit einem Reisetrip überraschte, plante ich, sie wiederum auf dieser Reise mit einem Antrag zu überraschen. Aber es kam immer etwas dazwischen, wie in Hollywood-Komödien: Einmal, in einem sehr schicken Lokal, verschluckte Lola sich gerade, als ich loslegen wollte. Das andere Mal, im Riesenrad, kam im passenden Moment ganz oben ein Windstoß, und sie fing an, in ihrer Tasche nach ihrem Schal zu kramen. Also sollte ich wohl noch einen Ring besorgen, um es richtig zu machen. Ein paar Wochen danach, an Weihnachten, waren wir bei meiner Mutter in Österreich, wir gingen an Heiligabend spazieren, es war stockdunkel, nur die Lichter in den Häusern brannten, wo alle das Essen und die Geschenke vorbereiteten, es hatte frisch geschneit und war wahnsinnig romantisch. Da merkte ich, dass ich den Ring vergessen hatte.

LOLA: Ich hatte schon damit gerechnet, dass sie mir irgendwann einen Antrag machen würde – schließlich war ich am Anfang der Beziehung die treibende Kraft, jetzt würde es andersherum sein. Ich war deshalb bei diesem Spaziergang die ganze Zeit sehr aufgeregt und dann total enttäuscht, als nichts von ihr kam. Zwei Tage später waren wir bei einem Schneesturm draußen, ich rechnete gar nicht mehr damit, als sie sich plötzlich niederkniete und einen Ring aus der Tasche zog.

CHRISTINA: Wir wussten, dass wir gleich 2018 heiraten wollen. Wir entschieden uns, in Österreich in der Nähe des Hotels meiner Mutter zu feiern, wo alle 50 Gäste, Familie und Freunde, schlafen konnten. Nach der standesamtlichen Trauung zelebrierten wir in einer spirituellen Zeremonie noch mal unsere Liebe, mit einem Freund von uns, der Schamane ist. Es war eine unfassbare Szenerie am See inmitten von Bergen. Das ganze Hochzeitsfest war vegan, sogar mit veganer Torte, und wir feierten ausgelassen.

LOLA: Seit unserer Trauung hat sich unsere Beziehung noch einmal intensiviert, und unsere Familien sind noch mehr miteinander verwoben, wir sind noch mehr Teil der Familien voneinander, und wenn wir Nachwuchs bekommen, dann ist das ja auch schöner für das Kind. Wir wollen dafür einen Mann finden, den wir mögen, keinen anonymen Samenspender.

CHRISTINA: Wie einfach wäre es, wir könnten jetzt die Pille absetzen und loslegen. Bei uns braucht es jetzt ein bisschen mehr Planung.